Caroline Hartge

Frankfurtammain

Prosa

in:
Werner Labisch / Jörg Sundermeier (Hrsg.)
Frankfurtmainbuch

FRANKFURTAMMAIN [Auszug]

Ich kann mir nicht helfen; vielleicht hat Lady Lahn es doch richtig gemacht ... hinter Giese kurzeck die Biege, vorbei an Wertherwetzlar und an Selters, bei Weilburg durch den Berg, im steinernen Runkel unter der Buckelbrücke fort, dem Limburger Zuckerbäckerdom nur eben die Füße umspült, gleichgültig gegen Naussauisch-Oranien, die Fachinger Sprudelbrunnen, Balduinstein und-was-noch, endlich das schmiedeeiserne Bad Ems. Einmal diesen Weg genommen, was fehlt einem noch? Uns hatte es Mitte der achtziger Jahre als hoffnungsfrohe Matrikelnummern fürs erste in die Wetterau verschlagen, gerade als die Zigarren dort nicht mehr in dämmrigen Stuben von Hand gewickelt wurden. – Da lernten wir dann als als zu sagen und das schickt. Bei den Schlammspringern lehrten uns die Jenischen eine neue Rede für eine altvertraute Handlung: lawine schütten, und anstelle einer Waffel mit drei Kugeln nahmen wir sommers das hönnsche med trei bellsche dankbar in Empfang.

Aber vom Gipfel des Schiffenbergs aus sah man im Süden bei Tag eine ewige Dunstglocke, bei Nacht ein diffuses orangefarbenes Leuchten, das selbst noch das kupferne Büdingen überstrahlte. […]

Mabbosche Mussick

(gekürzt) Prosa

in:
Nils Folckers / Ambros Waibel (Hrsg.)
Marburganderlahnbuch

'MABBOSCHE 'MUSSICK ¹ [Auszug]

What great kindness
have we done in times past
and forgotten it,
That thou givest this wonder unto us,
O God of waters?
(Ezra Pound, Night Litany)

Die Stadt war auf der Autobahn nicht zu erreichen. Hinter Kassel unter seinen ewigen Smogdecken brach die Ausbaustrecke stillschweigend ab, und man fuhr notgedrungen auf gewundenen Landstraßen weiter, über jenen Hügel, auf dem ein verlorener Wegweiser nach Winterscheid zeigte, von dem jedoch nicht das Geringste zu sehen war, und allwo wir eines Winters mit dem schlecht beheizten Bulli des Hippies aus der weiteren Wetterau fast im Schneegestöber liegengeblieben wären (oh Graus – die Schreckliche Jella an Bord!). Es ging vorbei an gewaltig im Grund klaffenden roten Löchern, Steinland dieses, roter-Sandstein-Land; zuallerletzt durch Cölbe – hieß der Bach dort eigentlich wirklich Cölb... oder wollte der große M mich doch wieder nur zum Besten haben? – und dann nur noch vorbei an der hawege-Oase, und schon war man am Ziel. Jedenfalls steht es zweifellos immer noch so auf dem Schild. […]

¹ Kein authentisches, sondern allhessisches Patois mit Kasseläner Substrat